
Resilienzhäppchen 5 - Heute schon auf das Sozialkonto eingezahlt?
13. August 2025 | von Kerstin PentermannEs ist ein großer Vorteil, in einer Gesellschaft aufzuwachsen und zu leben, in der es eigentlich kein Tabu gibt, wenn man Fragen stellt – auch unangenehme. Allerdings frage ich mich in der letzten Zeit bei allen Debatten, die sich speziell um die sozialen Finanzierungsmiseren drehen, ob es vielfach einfach nicht mehr Alltag ist, solidarisch zu denken.
Natürlich ist man immer auf seine eigenen Vorteile bedacht (ich bin da keine Ausnahme), aber sind wir nicht verpflichtet, tagtäglich auch ein bisschen auf ein Sozialkonto einzuzahlen, dass dem sozialen Frieden dient?
Michael Ende, ein bekannter Kinderbuchautor, der mich in den 80er Jahren geprägt hat, schuf für seine bekannte Veröffentlichung „Momo“ die grauen Herren“. Diese unangenehmen modernen Vampire inhalieren die Zeit der Menschen, indem sie sie rauchen. Wie kommen sie an diese Zeit? Indem sie Menschen in Momos Umgebung einredeten, sie könnten, wenn sie schneller arbeiten und leben würden, Zeit auf ein Konto einzahlen und diese dann am Ende ihrer Tage abrufen. Natürlich waren diese Konten ein Betrug. Das kleine Mädchen Momo entlarvt die Absicht der „grauen Herren“ von Anfang an. Ihre Botschaft (und die des Autoren Michael Ende): Wer sich trotz aller Verpflichtungen die Zeit nimmt, zu lachen, zuzuhören und Freundschaften zu pflegen und andere zu unterstützen, der zahlt auf die Menschlichkeit und sein eigenes Glück ein.
Wer allerdings andere auffordert mehr zu arbeiten, auf Rente zu verzichten, disziplinierter zu sein, Neid und Missgunst auslebt, ohne selbst einen Beitrag zu leisten, der kann nicht glaubwürdig sein. Andererseits darf der einzelne auch nicht auf Kosten der Gesellschaft Leistungen abrufen, die er nicht benötigt.
Und dann wurde ich einem Interview im Fernsehen auch noch diskutiert, ob (wegen der teuren Krankenkassenkosten) extreme Pflegefälle bis zum Schluss versorgt werden müssen, obwohl keine Heilung in Sicht ist. Da packt mich der kalte Hauch, den Momo bei ihrem ersten Zusammentreffen mit den grauen Herren beschreibt.
Durch Botschaften aus Schriften, wie „Momo“, lernen wir, wie wir Resilienz gegen diese Kälte entwickeln können. Freundschaft, Menschlichkeit und eine starke Gemeinschaft sind die Zinsen, die wir auf unsern individuellen Sozialkonten „horten“ können. Unser „Sozialkapital“ kann sich für uns und alle anderen auszahlen, wenn wir achtsam bleiben.
Hast du heute schon auf dein Sozialkonto eingezahlt?
Herzlichst – Kerstin Pentermann