
Resilienzhäppchen 4 - Die Stimme der Älteren - wer hört sie?
26. Juli 2025 | von Kerstin PentermannAls Resilienztrainerin schreibe ich eigentlich über menschliche Kraftquellen, über innere Stärke und den Umgang mit Krisen und nicht über Politik. Doch manchmal lässt sich das Persönliche nicht vom Politischen trennen. Dieses Resilienzhäppchen ist so eines.
Sprechen wir über Mitbürger im fortgeschrittenen Alter.
Sie haben dieses Land mit aufgebaut. Unsere Eltern, Großeltern, Nachbarn – die Generation, die nach dem Krieg angepackt hat. Was wir oft vergessen: Viele von ihnen leben heute am Rand der Gesellschaft. Ohne Lobby. Ohne Stimme.
Sie haben Mühe finanziell ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und werden oft über Gebühr belastet – bei Medikamentenzahlungen, bei Pflegeleistungen, bei Lebensmitteln.
Frauen, die Kinder großgezogen und nicht „voll gearbeitet“ haben, schlittern im Alter in Armut. Witwen, die sich früher um Familie und Haushalt gekümmert haben, stehen heute vor der Wahl: Flaschen sammeln oder verzichten? Viele sind zu stolz Leistungen der „Tafel“ in Anspruch zu nehmen.
Bei ihren Kindern um Unterstützung anfragen wollen sie nicht, falls sie das können, denn oft sind die gestiegenen Kosten im Alltag so hoch, dass auch ihre Töchter und Söhne rechnen müssen, wie sie den Monat bestreiten. Ihnen fällt heute schwer, was ihre Eltern noch versucht haben, nämlich für das Altern vorsorgen. Von einem Mindestlohn kann man keine Ersparnisse aufbauen. Und mit Sorge denken sie an ihre Zukunft.
Gleichzeitig hören wir von Ökonomen und Politikern, man müsse die Renten kürzen. Sonst bliebe nichts mehr für die nachkommenden Generationen. Die Bundesbauministerin, die der von mir unterstützten Partei angehört, bemerkte in einem Interview sie habe Sorge, nicht mehr selbst von der Rentenkasse partizipieren zu können. Wie zynisch ist das denn? Wie ist das mit der Selbstvorsorge in ihrer Position. Und die Renten kürzen kann man wohl nicht. Bei 48 % des Durchschnittseinkommens. Das ist keine Anerkennung für ein Leben voller Leistung, Fürsorge und Verzicht.
Warum zahlen Rentner eigentlich Steuern? Haben sie nicht ihr ganzes Berufsleben lang eingezahlt? Und jetzt? Von dem was einigen bleibt? Das ist doppelte Versteuerung, oder? Für mich ergeben sich da viele To-dos auf politischer und sozialer Ebene. Wir brauchen eine Lobby für ältere Menschen. Denn irgendwann sind wir alle einmal auf die anderen angewiesen – mehr oder weniger.
Solidarität ist das Fundament unserer Gesellschaft. Und genau dieses Fundament beginnt zu bröckeln, wenn wir die Lebensrealität der Menschen aus den Augen verlieren, die uns den Weg geebnet haben.
Und jede unserer Stimmen muss das immer wieder fordern– bei jeder Wahl, in jeder Diskussion, in jedem Alltag. Um extremen Parteien den Wind aus den Segeln zu nehmen. Um unseren sozialen Föderalismus zu bewahren.
Herzlichst – Kerstin Pentermann